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    Nimm nur Erinnerungen mit, hinterlasse nichts außer Fußspuren.

    Chief Seattle (eigentlich Lushootseed Si'ahl; *1786 / +1866)

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    "Eine Reise ist ein Trunk aus der Quelle des Lebens."

    Friedrich Hebbel (*1813 / +1863)

02.08.-03.08.: Granada

Granaadaaaaaa...:! (parallel zum Text hier den YouTube-Link starten, Ton an!).

Vermutlich um 500 v.Chr. als Illiberra gegründet (was aber unter Historikern umstritten ist), vereint diese Stadt Kultur und Geschichte wie keine zweite (Córdoba mal ausgenommen) in Andalusien. Nach den Römern kamen die Vandalen, dann wurde Granada dem weströmischen Reich einverleibt, es folgten die Westgoten. 711 eroberten die Mauren Andalusien und dann wird es interessant: Kalifat von Córdoba, Eroberung durch die Berber unter Zāwī ibn Zīrī (Dynastie der Zīrīden), Nachfolger waren die Aloraviden, dann kamen Naṣriden (Nasriden-Dynastie).

Am 02. Januar 1492 kapitulierte der letzte der Nasriden-Herrscher, Muhammad XII, genannt Boabdil, vor den christlichen  Königen (Los reyes católicos Isabella I von Kastillien und Ferdinand II von Aragón). Die Reconquista war vollzogen, Spanien war christliches Gebiet.

Granada war als Bauplatzt großer Monumente auch Schauplatz grässlicher Verbrechen: 

  • Massaker von Granada 1066, dem ersten Pogrom gegen Juden auf europäischen Boden
  • Alhambra-Edikt zur Vertreibung aller Juden, die nicht zum Christentum konvertierten, am 31.03.1492
  • Bücherverbrennung islamischer Werke zur Theologie, Geschichte und Naturwissenschaften 1499 mit folgendem eintägigen Pogrom gegen Nichtchristen
  • Zwangsumsiedlung der letzten Muslime (den sogenannten Morisken) 1569-1571

​Wir erreichten Granada erwartungsfroh und von solchen Greultaten verschont am Vormittag und wollten sogleich die berühmte Alhambra besuchen. Nach langen Anstehen in der Warteschlange wurde uns kundgetan, dass es nur noch Karten für die Gärten (die Generalife) gäbe. Nach kurzer Enttäuschung entschieden wir uns, in die Sierra Nevada zu fahren, denn nur die Gärten ansehen kommt nicht in Frage.

Die Sierra Nevada ("schneebedecktes Gebirge"), ein Hochgebirge dass sich quer durch Südspanien zieht,  ist Teil der Betischen Kordillere und enthält mit dem "Mulhacén" (3482 m) den höchsten Berg auf der iberischen Halbinsel. Den haben wir leider nicht bestiegen, wir haben es mit dem Skigebiet "Borreguiles" nur auf 2700 m Höhe geschafft. Zitat: "Die Sierra Nevada ist das wichtigste Zentrum der Pflanzenvielfalt im westlichen Mittelmeerraum und eines der herausragendsten in Europa, wo bisher 2353 Arten von Gefäßpflanzen registriert wurden, eine außergewöhnliche Zahl in unserem Gebiet. Neben diesem floristischen Reichtum wurden in der Sierra Nevada bisher etwa 20.000 Arten von Wirbellosen und 290 Arten von Wirbeltieren (43 Säugetiere, 123 Vögel, 20 Reptilien, 7 Amphibien und 6 Fische) gefunden." [Quelle, engl./span.]

Eigentlich wollten wir in einem kleinen Dörfchen nur Mittag essen, aber Dirk benötigte noch etwas Auslauf und wir fanden eine Seilbahn, die trotzt fehlender Touristen sogar fuhr. Nachdem wir mühevoll Tickets an einem Automaten am Parkplatz erworben hatten, fuhren wir mit dem Kabinenlift hoch. Es fehlte der Schnee, aber das kann man im August nicht unbedingt erwarten. Dirk traf eine Gruppe niederländischer Touristen und führte sie zur Helikopterplattform, von der man eine wunderbare Talsicht hatte. Im Gespräch erhielten wir einen wertvollen Tipp, wie wir doch noch an Tickets für die Alhambra kommen können, denn diese sind eigentlich auf Wochen ausverkauft. Dank Internetverbindung kurz unterm Himmel konnten wir tatsächlich für den Folgetag Nachmittags noch Tickets für die Alhambra inklusive Generalife erwerben. Glück braucht der Mensch!

Tag 2 in Granada: Wir bummelten durch die Stadt, trafen auf "Die Reisenden in Eden 314", einem Denkmal mit Sprüchen bekannter Schriftsteller über Granada, besuchten die spektakulär schöne Kathedrale, die Grabstelle der Katholischen Könige Isabella I und Ferdinand II in der "Capilla Real de Granada". Leider herrschte hier ein streng überwachtes Fotografierverbot. Daher sind alle möglicherweise hier auftauchenden Fotos aus der königlichen Kapelle ein reiner Trugschluss, ein Bild aus der Fantasie des Webseitenbetrachters ;-) .

Es war heiß, es war trocken, wir schlichen wie Dörrobst am Nachmittag zur Alhambra mit hohen Erwartungen. Leider wurde diese durch die spanische Art des Touristenmobbings schnell enttäuscht. Als erstes mussten / wollten wir zu den Nasridenpalästen, denn mit dem Ticketkauf wählt man automatisch ein Zeitfenster für den Besuch dieses Teils der Alhambra. Dort standen wir in einer Warteschlange. Nach ca. 10..15 Minuten durften wir nach Kontrolle unserer Tickets, ob wir auch im richtigen Zeitfenster sind, zum Eingang. Hier die nächste Kontrolle. Problematisch war, dass mit den Tickets jedes Mal der Ausweis kontrolliert wurde und die Daten im Computersystem offenbar nicht stimmten. Da es aber viele Touristen traf, winkten dann die Kontrolletis alle durch. Aber da zwei Kontrollen nicht genug sind, folgte auch noch eine dritte. Endlich waren wir in den Nasridenpalästen. Spektakulär, auch wenn der Verfall und die fehlende Sanierung das Bild trübten. Nach den Nasridenpalästen ging es weiter zur Alcazaba inklusive Aufstieg auf einen  der Wehrtürme. Hier gab es einen wunderschönen Rundumblick über die Alhambra und Granada sowie bis zur Sierra Nevada. Dann besuchten wir zum Abschluss noch die Generalife, den Sommerpalast mit seinen schönen Gärten. Zwischendurch benässte Dirk sein eintrocknendes Haupt an den Trinkwasserbrunnen und Evi füllte die Wasserflasche nach. Survival of the fittest, besser könnte man Darwins These nicht belegen. Wir waren gegen die unbarmherzige Hitze Andalusiens körperlich ungenügend gerüstet, ohne ständiges Nachwässern wären wir tot in den Straßengraben gefallen. Aber letztendlich mussten wir konstatieren, dass ein Besuch Granadas ohne den Besuch der Alhambra kein echter Besuch gewesen wäre. Die geniale maurische Baukunst war es auf jeden Fall wert, sich zu quälen.

   

Kurzer Abriss zur Geschichte der Alhambra (für Interessierte, der Rest darf weiterspulen):

  • erste Besiedlung des Burgberges (Sabikah-Hügel) bereits in  vorrömischer Zeit
  • die erste Zitadelle / Stadtburg (arabisch "Alcazaba") wird Ende des 9. Jahrhunderts von den Mauren gebaut (die "Elvira-Festung")
  • im 11. Jahrhundert wird eine Festung gebaut, um den maurischen Herrscher vor der Bevölkerung zu schützen
  • 1238 verlegt der Nasridenfürst Muhammad ibn Yusuf Nasr, genannt "der Rote", seinen Herrschaftssitz von Jaén nach Granada und baut eine Zitadelle auf dem Burgberg
  • Errichtung der Befestigungsanlage der Alcazaba im 13./14. Jahrhundert
  • Errichtung riesiger Zisternenanlagen Ende des 15. Jahrhunderts
  • Errichtung eines Renaissancepalastes ab 1527 unter Karl I (= Karl V, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches), welcher nicht fertiggestellt wurde
  • Beim Rückzug der napoleonischen Truppen 1808 sprengten diese Teile der Alhambra, damit die Spanier nicht die zurückgelassene Munition erbeuten
  • Beginn der Restaurierung der Alhambra im 19. Jahrhundert
  • Fertigstellung des Palastes Karl des V durch Aufsetzen eines Daches im 20. Jahrhundert

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